Sonntag, 10. Juli 2016

Zwölfter Brief

Schweigen ist Gold. Die Angst der SPD vor der Wahrheit ist nachfühlbar.
"Die Krisenherde dieser Welt" stellte Niels Annen, Außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, am gestrigen 9. Juli 2016 in Duisburg vor. Er behandelte die nordafrikanischen "failed states" Irak, Libyen, Syrien, Sudan ... ohne ein einziges Wort darüber zu verlieren, dass es die USA gewesen sind, die mit ihrem Überfall auf den Irak das Chaos erst ermöglicht haben. Statt dessen wurde ausgeführt, welcher Untaten sich Russland schuldig gemacht haben soll.
Noch einmal: Kein Wort über die Interventionskriege der USA und deren geostrategische und geoökonmische Hintergründe. An den Flüchtlingsströmen sollen nur Sykes-Picot und Russland ursächlich schuld sein! Und freilich Assad, der ohne Russland längst beseitigt wäre.

Dabei habe ich selbst den US-Außenminister John Kerry im Fernsehen sagen hören: Der zwischen USA und Russland ausgehandelte Waffenstillstand in Syrien hat Leben gerettet.

Wie ist das möglich??
Leicht zu erklären.
Die deutsche Sozialdemokratie hat Angst nicht vor Moskaus militärischer, sondern vor Washingtons wirtschaftlicher Macht. Und das mit vollem Recht. Washington rächte sich an Frankreich, nachdem dessen Präsident die Beteiligung am Irakkrieg verweigert hatte. Zum Teil  hat das sogar lächerliche Formen angenommen, als in der Kantine des Washingtoner Abgeordnetenhauses die bis dahin french fries genannten pommes frites in free fries umgetauft wurden. Weniger komisch fand ich die Vorführung des bis dahin hochgeschätzten Dominique Straus-Kahn in Handschellen vor der internationalen Presse, nachdem er in eine Honigfalle geraten war.

Wer sich erinnert, dass US-Restaurants keinen französischen Käse und keine französischen Weine mehr servierten, wird Washingtons handling wirtschaftlicher Macht nicht leichtnehmen.

Die deutsche Sozialdemokratie - folgere ich - ist nicht ängstlich im Sinne schwacher Nerven. Auch nicht feige im Sinne von mutlos. Sie hat aus Erfahrung gelernt. Nicht aus christlicher Gottesfurcht vor Versündigung hat mein Parteigenosse Niels Annen die unheilvolle Rolle verschwiegen, die Washington in Nordafrrika gespielt hat und nach wie vor spielt. Sondern man schweigt im sozialdemokratisch klug geführten Auswärtigen Amt aus berechtigter Heidenangst vor Washingtons Vergeltung.
Schweigen ist Gold.

Die Süddeutsche Zeitung hat übrigens gestern in einem fast schelmischen Ton angemerkt, der Westen solle sich gegenüber Russland nicht nur auf militärische Abschreckung beschränken. Denn: Putins Stellung sei nur solange stark, wie er den Russen das Feindbild Nato vorhalten könne. Es gebe andere Möglichkeiten, zum Beispiel wirtschaftlicher Art, gegen das System Putin.

Was dem System Putin in Russland folgen könnte, verschweigt uns der Kommentar. Die Politik des regime change soll jedenfalls auf Russland ausgedehnt werden.

Erfrischend, diese Offenheit der SZ!  

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